digital health meets health economics

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Gastautorin: Prof. Dr. Cordula Kreuzenbeck

Falls Sie sich fragen, was aktuell mit den Immobilienpreisen nicht stimmt: Das sind nicht nur niedrige Zinsen, das ist auch Teil der demographischen Entwicklung. Diese Entwicklung steht dem Gesundheitssystem noch bevor. Schauen wir uns das Jahr 2019 an, und zwar unsere Bevölkerungspyramide.

Sie sehen hier zwei ältere Männer im Profil? Falls nicht, dann tun Sie es jetzt. Eine Pyramidenform haben wir in Deutschland nämlich schon lange nicht mehr. Warum das jetzt relevant ist, zeigt uns ein Blick auf die Gruppe der Erwerbstätigen. Diese stellen die „Nase“ und den „Mund“ dar. Die Baby-Boomer-Generation, das sind die sogenannten geburtenstarken Jahrgänge 1955 bis 1969, sind die „Nase“.

Quelle: © Statistisches Bundesamt (Destatis), Wiesbaden 2022

Wie Sie sicherlich bereits wissen, finanziert sich das Gesundheitssystem größtenteils über Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Aktuell finanzieren also Nase und Mund die Gesundheitsleistungen aller Bürger. Wir wissen, dass ab 65 Jahren die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen deutlich zunimmt. Das ist auch 2022 noch kein Problem.

Wenn wir jetzt einen Blick in die Zukunft wagen, in das Jahr 2040, sieht die Bevölkerung schon wieder ganz anders aus. Wir sehen hier nicht nur, dass wenig neue Erwerbstätige hinzukommen, sondern ebenfalls, dass die „Nase“, also die Babyboomer, aus der Erwerbstätigkeit ausgeschieden sind. Gleichzeitig mit dem Fehlen dieser Bevölkerungsgruppe sinken die Beiträge, die in das Gesundheitssystem fließen, deutlich, denn üblicherweise erreichen wir das höchste Gehalt vor Renteneintritt.

Quelle: © Statistisches Bundesamt (Destatis), Wiesbaden 2022

Die Folgen für die Gesundheitsökonomie in der Zukunft:

1. Eine große Gruppe an Ärzten, Pflegekräften, Therapeuten und weiterem Personal im Gesundheitswesen fällt weg.

2. Es werden weniger Beiträge eingezahlt.

3. Die Inanspruchnahme an Gesundheitsleistungen nimmt deutlich zu.

Wir müssen uns also Strategien einfallen lassen, mit denen wir dem Fachkräftemangel entgegenwirken können. Was kommt hier infrage?

1. Digitalisierung und Robotik nutzen?

Die Hoffnung vieler ruht darauf, dass die lange verzögerte Digitalisierung im Gesundheitswesen rechtzeitig an Fahrt aufnimmt. Vor allem solche Technologien, die dem Leistungserbringer Arbeit abnehmen, werden also besonders gefragt sein.

Beispiele für die Digitalisierung im Gesundheitswesen:

  • Sprachassistenten und Text-to-Speech Programme zur Milderung des lästigen Dokumentationsaufwandes,
  • sichere Online-/ und Videoplattformen, um Fahrtzeiten zu verringern,
  • optimierte Programme zur Patientenführung, sei es im Krankenhaus oder bei der Sprechstundenorganisation in der Arztpraxis,
  • Datenverfügbarkeit und intelligente Verknüpfung von Voroperationen, Allergien, Organschwächen, chronischen Krankheiten und Familienanamnese mit dem Praxissystem oder dem KISS,
  • KI-unterstützte Untersuchungen und Behandlungen, wie Erkennung von Röntgenbildern oder Lehrvideos on Demand.
  • Essensgabe, Lagerung und Waschen durch Roboter?

Der letzte Punkt, mit einem Fragezeichen versehen, stellt wichtige ethische und soziale Fragen in den Raum: Wollen wir von Robotern gefüttert, gelagert oder sogar gewaschen werden? Denn möglich ist zum Beispiel ersteres bereits. Dennoch zeigt sich hier, dass sowohl Patienten als auch Pflegebedürftige dieser Entwicklung nicht unbedingt positiv gegenüberstehen.

Widerstreitend mit all diesen Innovationen ist vor allem das Thema Datenschutz, welches bei Leistungserbringern und Patienten bei den Bedenken stets an oberster Stelle steht. Ähnlich wie bei unseren Personalausweisen ist auch hier ein sicheres Netzwerk notwendig. Ob die Telematikinfrastruktur dies bieten kann und das notwendige Vertrauen besitzt, wird sich in den nächsten Jahren zeigen.

2. Neue Mitarbeiter gewinnen

Natürlich wäre es das Einfachste, neue Mitarbeiter zu gewinnen. Wenn diese im Wettbewerb mit anderen Branchen nicht aus der deutschen Bevölkerung rekrutiert werden können, ist dann das Ausland eine legitime Wahl?

Im Branchenvergleich ist die Konkurrenz attraktiverer Berufe für die deutsche Jugend groß. Schichtarbeit, Stress und schlechte Bezahlung haben den Pflegeberuf zunehmend unbeliebt gemacht. Die Pflegeausbildung schafft es sicher nicht in die Top20 der Ausbildungsberufe.

In vielen Bereichen, auch der Pflege, wird bereits zunehmend aus dem Ausland rekrutiert. Tatsächlich sind die meisten Verfahren für die Berufsanerkennung für ausländische Gesundheits- und KrankenpflegerInnen durchgeführt worden, direkt gefolgt von den Ärzten.

Ob eine Konzentration auf ausländische Fachkräfte günstig ist und welche Risiken und welchen Aufwand die Rekrutierung mit sich bringt, könnte alleine ganze Abhandlungen füllen. Klar ist aber auch hier, die alleinige Lösung kann es nicht sein.

3. Personal gesund und arbeitsfähig halten

Eine weitere Möglichkeit ist es natürlich, das bestehende Personal möglichst lange arbeitsfähig zu halten. Es ist klar, dass dies keine langfristige Lösung darstellt, zumindest in Bezug auf die Arbeit bis zur Rente und darüber hinaus. Dennoch kann dies eine relevante Überbrückungsstrategie sein, um andere Strategien zu entwickeln. Rückenschulungen und Lagerungshilfen gehören nicht umsonst bereits zum Standardportfolio im betrieblichen Gesundheitsmanagement in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen.

Im Besonderen kann der Bereich Familienfreundlichkeit langfristigere Wirkung entfalten. Nach wie vor sind die meisten Pflegekräfte Frauen, und auch bei den Ärzten hat sich hier das Blatt gewendet. Für Mitarbeiter, die gerne Familie und Beruf unter einen Hut bringen möchten, sind die Angebote mitunter noch nicht ausreichend. Gerade im Schichtdienst hilft eine klassische Kinderbetreuung von sieben bis sechzehn Uhr wenig. Teilweise ist das Kinderkriegen sogar im ärztlichen Bereich noch Karrierekiller. Aber genau hier beißt sich die Katze in den Schwanz; müssen sich die Leistungserbringer entscheiden, ob sie Karriere oder Kinder haben wollen, sorgt dies entweder akut für Personalmangel oder in der Zukunft für fehlenden Nachwuchs.

Und auch hier kann uns die Baby-Boomer-Generation doppelt treffen. Denn auch die Pflege der Eltern ist gerade in Gesundheitsberufen nicht selten. Auch hier müssen Konzepte gefunden werden, damit die Leistungserbringer Pflege der Angehörigen und Beruf unter einen Hut bringen können.

4. Schlechte Aussichten?

Keineswegs, denn die Probleme werden erkannt und besprochen. Sowohl nationale als auch internationale Möglichkeiten stehen uns aktuell noch offen, wenn wir rechtzeitig mit den entsprechenden Maßnahmen beginnen. Sogar Maßnahmen der Geburtenpolitik, also eine höhere Förderung und Unterstützung, um mehr Nachwuchs zu bekommen, haben noch Zeit zu greifen und die Situation zu verbessern.

Zwischenfazit: Personal wird in Deutschland die knappe Ressource der Zukunft sein, teilweise ist sie es schon jetzt. Personalbindung und Akquisestrategien können das nur bedingt auffangen. Ob das stark regulierte Gesundheitswesen die Voraussetzungen für die digitale Transformation noch schaffen kann, obwohl es sich in der Vergangenheit im Branchenvergleich eher als „Digitalisierungsmuffel“ präsentiert hat, darf diskutiert werden.

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